Es tut sich was in der österreichischen Bildungslandschaft. JedesK!ND, die Bildungs-NGO bittet um Eure Mienung!
Hier die meinige:
Was wäre deiner Ansicht nach die wichtigste Intervention (Verbesserungsmaßnahme) zu jedem unserer drei Grundpfeiler?
1) Kein Kind darf zurückgelassen werden
Heute ist unsere Bildungssystem noch immer von streng hierarchischen Machtstrukturen geprägt, die es sehr leicht machen einzelne Kinder zurückzulassen.
Entscheidend für ein Bildungssystem das alle in gleichem Maße ermächtigt, schätze ich Mehrstufenklassen ein. Sie ermöglichen, dass Kinder und Jugendliche gemeinsam voneinander lernen können um so das Machtverhältnis zwischen Lehrer*innen und Schüler*innen aufzubrechen. Wissen kann dann auf Augenhöhe vermittelt werden und Lehrer*innen werden zu gleichberechtigten Partner*innen die Tipps geben wo Expertenwissen zu finden ist, wenn es benötigt wird.
Die Aufgabe der Lehrer*innen ist es, eine Umgebung zu schaffen, in der der Wissenserwerb unter Gleichberechtigten bestmöglich stattfinden kann.
2) Kein Kind darf beschämt werden
Das System der Benotung ladet dazu ein Kinder zu beschämen. Es erzieht sie dazu im kapitalistischen System für ihre Erwerbsarbeit entlohnt zu werden anstatt einer Tätigkeit nachzugehen die für sie und die Gesellschaft das Gemeinwohl erhöht.
In den vergangenen hundert Jahren ist es uns gelungen, die schwarze Pädagogik aus den Klassenzimmern zu entfernen. Wertschätzung durch Schulnoten ausgedrückt führt jedoch fast automatisch zu Konkurrenzsituationen unter den Schüler*innen. Jetzt müssen wir das System der Belohnung genauso überwinden um den Grundstein einer egalitären Gesellschaft zu legen.
3) Das Talent jedes Kinds soll gefördert werden
Wir versuchen in unseren Bildungseinrichtungen alle Kinder auf ein gleiches Niveau zu bringen. Dabei werden die individuelle Entwicklung und die Interessen der Kinder größtenteils ignoriert.
Eine individuelle Förderung kann aber nicht in vielen verschiedenen Schultypen mit früher Selektion passieren. Um jedes Talent optimal fördern zu können, brauchen wir ein Gesamtschulsystem bis zur Universitätsreife. Innerhalb dieses Systems muss flexibel auf die Interessen der Kinder und Jugendlichen eingegangen werden können.
Auch die Lehrberufe sollten in dieses System integriert werden um so die soziale Durchlässigkeit des Bildungssystems weiter zu steigern.
Was kritisierst du persönlich am meisten an unserem Bildungssystem?
Die undemokratischen Machtstrukturen finden sich nicht nur innerhalb der Klassenzimmer. Der Staat gibt weitestgehend vor wie die Bildung unserer Kinder funktioniert, und überlässt alternative Ansätze privaten Organisationen. Das führt fast immer zu elitären Inseln.
Unser Bildungssystem muss zumindest die Möglichkeit bieten, das Eltern, Lehrer*innen und Schüler*innen gleichberechtigt über das pädagogische Konzept sowie dessen Umsetzung und Weiterentwicklung in den Institutionen von denen sie betroffen sind mitbestimmen können. So lernen Kinder von klein auf wie partizipative Organisation in der Praxis umgesetzt werden und hierarchische Strukturen dort wo sie notwendig sind demokratisch organisiert werden können. So können innovative Bildungskonzepte in ein einer sozial inklusiven Umgebung erprobt und gewonnenen Erkenntnisse leichter auf andere Schulen übertragen werden. Auch die Schulen sind dann gleichberechtigte Partner die untereinander als Vorbilder auf Augenhöhe fungieren können, ohne abgehobenen Elfenbeintürmen.
Was erwartest du dir vor allem von jedesK!ND?
Meine große Hoffnung ist es, dass es gelingt einen breiten Diskurs über die Zukunft unseres Bildungssystems zu initiieren. Jetzt gerade werden die Systeme die unsere tägliches Leben am Laufen halten durch demokratische Alternativen, die mögliche Wege in eine zukunftsfähige Gesellschaft vorleben, herausgefordert (zum Beispiel Wohnraum oder Lebensmittel). Zeigen wir allen Verantwortlichen, dass es Menschen gibt, die auch bei der Gestaltung unseres Bildungssystems mitreden wollen um die oben genannten Machtverhältnisse zum Tanzen zu bringen!